Propsteikirche St. Marien

Heilbad Heiligenstadt ist das Zentrum des Eichsfeldes und besitzt eine reichhaltige christliche Tradition, die bis in die heutige Zeit spürbar ist. Die Propsteikirche St. Marien ist das Wahrzeichen der Stadt, das ihre Silhouette bestimmt.

Auf einem Buntsandsteinplateau errichtet, erhebt sie sich hoch über die Dächer der Altstadt und ist mit ihren beiden imposanten Türmen weithin sichtbar. Ihre Entstehung reicht in die frühe Geschichte der Stadt zurück. Es ist davon auszugehen, dass die Altstädter Kirche St. Marien bereits im 12. Jh. als Pfarrkirche für die ständig wachsende Altstadt im romanischen Baustil entstanden ist. Sie wurde schon 1239 von dem Mainzer Erzbischof Siegfried III. als Pfarrkirche der Stadt bezeichnet.

Von 1300 an wurde der romanische Bau in mehreren Phasen durch einen anspruchsvollen gotischen Kirchenbau ersetzt. Mit dem kompakten Westriegel verfügt die heutige Kirche über ihren baugeschichtlich ältesten Teil, der insbesondere durch die beiden achteckigen Türme charakterisiert ist. Bis in die Spitzen sind sie aus Buntsandstein gemauert. Sie beeindrucken sowohl durch ihre Höhe von 53 bzw. 55 Metern als auch durch ihre Massigkeit. Besondere Beachtung verdient darüber hinaus das prachtvoll gestaltete Hauptportal am Fuße des westlichen Turmbereichs. Es ist in Form eines gotischen Spitzbogens ausgeführt, der von einem Ziergiebel bekrönt wird.

Das dreischiffige Langhaus wurde im Verlauf des 14. Jahrhundert erbaut und ist geprägt durch architektonische Besonderheiten dieser Zeit, wie die vielfältig gestalteten Kapitelle, Gewölbeschlusssteine oder Konsolen. In den nachfolgenden Jahrhunderten kam es immer wieder zu Baumaßnahmen, Restaurations- und Renovierungsarbeiten. Heute imponiert der innere Kirchenraum durch seine Helligkeit und klare Linienführung, die den Hallencharakter des Kirchenschiffs unterstreichen.

Die heutige Propsteikirche ist der Mutter Gottes, Maria geweiht und unter ihren Schutz gestellt. In jeder Himmelsrichtung begrüßt ein Bild der Gottesmutter die Pilger.

In der Kirche gibt es verschiedene Hinweise auf ihr Patronat, von denen drei an dieser Stelle Erwähnung finden sollen. Bei Restaurierungsarbeiten zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurden wertvolle Wandbilder freigelegt, von denen ein Wandbild die Krönung Mariens zeigt. Eine weitere Kostbarkeit finden aufmerksame Besucher an der Ostwand im südlichen Seitenschiff. Dabei handelt es sich um das auf 1414 datierte Schnitzwerk „Maria vom Elende“. In den Wirren des Dreißigjährigen Krieges gelangte die Statue 1626 nach Heiligenstadt und 1803 in die Altstädter Kirche.

Die drei Chorhauptfenster erhielten 2011 eine künstlerische Verglasung mit marianischem Schwerpunkt: Verkündigung an Maria, Pfingsten und Himmelfahrt Mariens. Hauptaugenmerk legte der Glaskünstler Graham Jones aus London auf die Farbigkeit. Die Fenster in leuchtenden Farben und figürlichen Formen schuf er in Zusammenarbeit mit den Derix Glasstudios aus Taunusstein.

Annenkapelle

Gegenüber des Nordportals der St. Marien Kirche befindet sich die St. Annenkapelle. Sie wurde in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts als achteckiger und turmartiger Bau errichtet. Die Kapelle imponiert durch die Reinheit ihrer gotischen Formen, unter anderem als Oktogon mit acht Giebeln, spitz zulaufendem Dach und bekrönender Laterne. Die ursprüngliche Bestimmung der Kapelle ist nicht sicher belegt, allerdings gilt sie seit dem 16. Jahrhundert als Verehrungsort für die Hl. Anna, die Mutter Mariens. Aus kunsthistorischer Sicht sind zwei Skulpturen in der Kapelle bedeutsam, einerseits eine wertvolle Marienstatue, deren Entstehung auf die Zeit um 1300 zu datieren ist und andererseits eine spätgotische Darstellung der Anna selbdritt.

Um das Jahr 2000 herum wurde eine umfassende Restaurierung der Außenfassade durchgeführt. Aufgrund vorausgegangene Begutachtungen durch Sachverständige der Denkmalpflege und Wissenschaftler konnten an der Fassade polychrome Farbspuren festgestellt werden. Diese ließen den Schluss zu, dass die Kapelle bereits um 1350 außen vollständig bemalt war. Mit dieser sehr wahrscheinlich ältesten und originalen Farbgebung in rotbraun und gelb erfolgte dann auch die Bemalung im Rahmen der Sanierungsarbeiten. Somit ist die Annenkapelle unverwechselbares Beispiel mittelalterlicher Kunst in Thüringen, Mitteldeutschland und vermutlich auch darüber hinaus.